Stärkenorientierte Bildung - eine Auseinandersetzung mit innovativen Bildungsansätzen

 

Die aktuellen didaktischen Konzepte, welche in der Schweiz (unter anderem durch die Einführung des Lehrplan 21) mehr und mehr an Bedeutung gewinnen, stellen das individuelle Lernen der Schülerinnen und Schüler mehr und mehr ins Zentrum des Unterrichtes. Das bedingt einerseits mehr Differenzierung und andererseits die vermehrte Übernahme von Eigenverantwortung der Schülerinnen und Schüler für ihren Lernprozess. In der Schweiz herrscht di Angst vor, dass das Bedürfnis nach mehr Differenzierung im Unterricht die Lehrpersonen überfordern werde. Diese Angst ist jedoch dann unbegründet, wenn wir die Schülerinnen und Schüler als Partner in die Planung des Lernprozesses mit einbeziehen und ihnen einen Teil der Verantwortung für die Erreichung ihrer individuellen Ziele und den dafür benötigten Gestaltungsfreiraum übertragen. Dass dieser didaktische Ansatz durchaus funktionieren und die Lernqualität steigern kann, sieht man in den nordischen Ländern, in denen viele innovative didaktische Ansätze seit langem in der Unterrichtslandschaft implementiert sind.

 

So hat beispielsweise die Jenaplan-Reformpädagogik von Peter Petersen ihre Wurzeln in der niederländischen Stadt Jena. Peter Peterson war zu Beginn des 20. Jahrhunderts Professor für Reformpädagogik an der Universität Jena und zeigte auf, dass Frontalunterricht nicht das einzig wirksame didaktische Instrument im Unterricht ist. Petersen war der Überzeugung, dass sich ein Mensch nur dann gesund und seinen Fähigkeiten entsprechend entwickeln kann, wenn er von seinen Mitmenschen in seiner Art unvoreingenommen ernst genommen wird und das erlebt und gefühlt, auch ohne Worte. Dabei sind nonverbale Handlungen ebenso wichtig, wie ermunternde Worte und der junge Mensch soll erfahren, dass er jederzeit auf Hilfe und Unterstützung zählen kann, wenn er die Hand danach ausstreckt.                
Petersen legte mit seiner Reformpädagogik unter anderem auch den Fokus auf Fragen der Integration, der Inklusion, des eigenständigen und forschenden Lernens und der demokratischen Partizipation.

 

Weitverbreitet sind in den Niederlanden auch die Dalton-Schulen. Diese gehen auf die amerikanische Lehrerin Helen Parkhurst zurück, welche in einem kleinen Dorf in Wisconsin eine Mehrjahrgangsklassenschule führte. Frontalunterricht war in ihrem Berufsumfeld gar nicht denkbar. So machte sie aus der Not eine Tugend: Sie liess die Schülerinnen und Schüler selbständig arbeiten, wobei die älteren Schülerinnen und Schüler die jüngeren unterstützten und begleiteten. Im Mittelpunkt stand jedoch stets der mit der Verantwortung verbundene Gestaltungsfreiraum der Schülerinnen und Schüler. Mit der Zeit arbeitete Helen Parkhust eng mit Maria Montessori zusammen und besuchte diese 1914 erstmals in Italien. 1919 entwickelte Helen Parkhust die Idee einer Kinderuniversität in New York.       
Das Konzept der Dalton Schulen nach Helen Parkhust erhielt schnell internationale Anerkennung, vor allem in den Niederlanden, wo es heute über 240 Dalton-Schulen gibt.

 

Generell verfolgen niederländische Schulen seit langem die Strategie der Selbstverantwortung von Kindern und Jugendlichen, deren ganzheitlichen Förderung und damit der Selbsteinbindung der Kinder und Jugendlichen in ihren Lernprozess.

 

Mit diesen Fragestellungen setzt sich das Austauschprojekt mit den Niederlanden auseinander. Dabei steht das Stedelijk College Eindhoven im Zentrum unseres Austausches. Auch wenn das Stedelijk College weder eine Jenaplan-, noch eine Dalton- oder Montessorischule ist, haben die reformpädagogischen Ansätze dieser Modelle die Grundhaltung der Schule geprägt.

 

Top-Technologie-Region Eindhoven-Leuven- Aachen

 

Um die Situation am Stedelijk College Eindhoven zu verstehen, muss man sich die örtlichen Gegebenheiten vor Augen halten.

 

Eindhoven liegt in der Provinz Nordbrabant im leicht erhöhten Hinterland der Niederlande und war so schon früher vor den Fluten des Meeres sicher geschützt. An der Wende des 19. zum 20. Jahrhundert liess sich die Glühlampenfabrik Philipps in Eindhoven nieder und zog im Zuge der industriellen Entwicklung immer mehr Arbeitnehmende an - vorerst aus der Region, später auch aus den umliegenden Ländern und den (ehemaligen) niederländischen Übersehgebieten. 1928 wurde die «Hub van Doorne Maschinenfabriek en Reparatieinrichting» gegründet, welche heute als «Van Doorne’s Aanhangwagenfabriek» (DAF) bekannt ist. Diese beiden Firmen trugen zur Expansion der Stadt bei und führten dazu, dass sich Eindhoven im Laufe der Zeit zum Technologiezentrum (Brainport-Region Eindhoven) im Süden der Niederlande mit einer technischen Universität entwickelt. Das Gebiet ist Teil der transnationalen Top-Technologie-Region Eindhoven-Leuven- Aachen. Die Region ist vor allem spezialisiert auf Hightech Systeme und Materialien. Neben Philipps und DAF haben sich auch Firmen wie Intel, Canon und TomTom hier niedergelassen.  
Die Stadt zieht sowohl sehr viel hochqualifiziertes, spezialisiertes Personal aus der ganzen Welt, wie auch eine breite Arbeiterschaft aus eher bildungsfernen Schichten an. Deshalb weist die Stadt eine sehr internationale und auch interkulturelle Bevölkerungszusammensetzung auf. Da sich viele hochspezialisierte Forscher und Ingenieure nur für einige Jahre in Eindhoven niederlassen, hat das Stedelijk College eine internationale Abteilung, an welcher konsequent bilingual unterrichtet wird.

 

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Beschreibung Job-Schadowing Eindhoven.pd
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